Stellen Sie sich vor, Sie betreten einen Supermarkt, um schnell eine Packung Nudeln fürs Abendessen zu besorgen. Doch der Supermarkt ist komplett dunkel. Alle Waren stecken in exakt gleichförmigen Verpackungen und sind ohne ersichtliche Logik in einem Labyrinth aus Gängen auf meterhohen Regalen angeordnet. Und wenn Sie tatsächlich das Glück haben, Ihre Pasta zu finden, können Sie diese nur mit Passierschein A38 bezahlen. Klingt verrückt? Für viele Internet-Nutzer*innen ist das Alltag. Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung oder mit einer Hörbehinderung, Personen, die eine Maus oder einen Touchscreen nicht bedienen können oder diejenigen, die mit komplizierten Texten und Fremdwörtern Schwierigkeiten haben: All diese User*innen fühlen sich möglicherweise auf Ihrer Webseite wie im beschriebenen Supermarkt. Das ist nicht nur unfair. Das kann Sie auch potenzielle Kund*innen kosten – und bald vielleicht sogar ein saftiges Bußgeld. Denn ab dem 28.06.2025 gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz.
Barrierefreies Internet per Gesetz
Ab Sommer 2025 müssen alle wichtigen Informationen, Services und Dienstleistungen für alle Menschen zugänglich sein. Damit das möglich wird, kommt auf die meisten Webseiten-Anbieter eine Menge Arbeit zu. Erstmal vorweg, welche Arbeit nicht ansteht: Reine Präsentationsseiten, also Webseiten wie Blogs, die keine Waren oder Services anbieten, sind davon nicht betroffen. Ebenso können kleine Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten oder weniger als zwei Millionen Euro Jahresumsatz bzw. Jahresbilanzsummer aufatmen. Auch hier sind aufwendige Arbeiten nicht dringend nötig – allerdings möglicherweise ratsam.
Wer allerdings betroffen ist: Jede andere Seite, die einen Dienst anbietet, sei es ein Kontaktformular oder einen Messenger, die E-Commerce betreibt oder wichtige Informationen bereitstellt. Alle diese Seiten müssen visuell, auditorisch und kognitiv für jeden erfassbar sein. Das bedeutet:
- Jeder Content muss so gestaltet sein, dass Menschen mit einer Sehbehinderung ihn aufnehmen können. Dazu gehört, dass sie Schriftgrößen und -kontraste anpassen können oder dass Screenreader alle wesentlichen Inhalte wiedergeben.
- Einige Personen mit einer Hörbehinderung haben Schwierigkeiten mit der Schriftsprache. Eine Übersetzung in Gebärdensprache kann eine sinnvolle Ergänzung sein, damit sie Inhalte besser verstehen. Davon ungeachtet müssen Videos für alle zugänglich sein. Sie brauchen also zwingend Untertitel.
- Motorisch eingeschränkte User*innen müssen Ihre Website allein über die Tastatur bedienen können.
- Jeder Mensch, ungeachtet von Intellekt oder Sprachfähigkeiten, muss Ihre Inhalte verstehen können – vor allem, bevor er oder sie einen Kauf tätigt. Das erfordert eine einfache, wenn nicht sogar Leichte Sprache.
Es ist klar: Für die meisten Webseiten-Betreiber bedeuten diese Anpassungen eine Menge Arbeit, die Zeit und damit auch Geld kosten. Viele „Altlasten“ müssen nicht bis Juni überarbeitet sein. Interaktiven Elemente wie das Menü oder Terminbuchungsseiten dagegen schon – sie müssen den neuen Vorgaben entsprechen. Ebenso neue Inhalte. Wer trotz Mahnungen gegen das Barrierfreiheitsstärkungsgesetz verstößt, muss mit einem hohen Bußgeld bis zu 100.000 Euro rechnen. Allerdings, und hier kommt die gute Nachricht, lohnt es sich ohnehin, barrierefreie Websites anzubieten.
Eine barrierefreie Website geht mit gutem UX Management einher
Möglicherweise denken Sie nun, dass dieses Gesetz ein reines soziales Zugeständnis an eine Minderheit ist. Das greift jedoch zu kurz. Unzugänglicher Content erschwert einer großen und sehr heterogenen Gruppe an Menschen den Zugang zu Ihren Inhalten und Dienstleistungen. Allein 14 Millionen Menschen in Deutschland benötigen einfache oder Leichte Sprache – aus ganz unterschiedlichen Gründen. Andere Menschen können situationsbedingt Ihre Website nicht bedienen. Barrierefreie Sprache und behindertengerechtes UX nutzt:
- Sehbehinderten Menschen
- Hörbehinderten Menschen, vor allem denjenigen, die Leseschwierigkeiten haben
- Körperbehinderte oder beeinträchtigte Personen, die beispielsweise keine Maus oder einen Touchscreen bedienen können – sei es nur vorübergehend
- User*innen mit kognitiver Beeinträchtigung
- Nutzer Nutzerinnen, die nicht gut Deutsch sprechen oder lesen
- Menschen, die aufgrund einer Krankheit kognitiv eingeschränkt sind – beispielsweise nach einem Schlaganfall
- Legastheniker*innen
Auch Blinde möchten ein gemütliches Sofa kaufen. Lernbehinderte brauchen genauso ein Konto oder vielleicht mal einen Kredit wie andere Menschen auch. Der Ingenieur mit Legasthenie wird sein Geld woanders ausgeben, wenn Ihre Inhalte zu kompliziert sind. Der gestresste Vater mit drei Taschen und einem Kleinkind im Arm springt vor der Conversion ab, wenn Ihre Seite nicht einfach zu bedienen ist. Und auch wenn B2B sich aktuell noch in einer Grauzone bewegt: Die Bauleiterin mit Migrationserfahrung geht möglicherweise zur Konkurrenz, wenn sie die Kaufbedingungen Ihrer Website nicht versteht.
Sie merken: Eine Website, die sich nicht von allen intuitiv bedienen lässt, kann Sie Umsätze kosten. Barrierefreies Internet geht mit verständlichem UX und einer guten Content-Strategie einher. Und beides zahlt sich schlussendlich auf Ihr SEO aus: Schlanke, leicht verständliche Webseiten ranken besser. Wen Sie soziale Verantwortung übernehmen, werden potenzielle Kunden und Kundinnen zudem Ihre Marke positiver wahrnehmen.
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz kommt: Das ist jetzt zu tun
Beginnen Sie jetzt, bevor das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz Sie überrascht:
- Prüfen Sie Ihre Website auf Herz und Nieren. Viele Bereiche der Barrierefreiheit haben Sie bisher vielleicht stiefmütterlich behandelt. Sind beispielsweise ihre Alt-Texte alle wirklich sinnvoll betitelt?
- Betrachten Sie die notwendige User Journey auf dem Weg zur Conversion: An welchen Stellen springen Käufer und Käuferinnen ab, weil Ihre Seite sie behindert?
- Gehen Sie eine Runde in den Schuhen Ihrer Nutzer*innen: Lässt sich die Seite nur mittels Tastatur bedienen? Haben alle Texte klare Kontraste? Ist die Schrift groß genug?
- Testen Sie, ob Ihre Inhalte mit einem Screenreader korrekt wiedergegeben werden. Bedenken Sie, dass auch PDF barrierefrei lesbar sein müssen.
- Nehmen Sie mögliche Fehler- und Rückmeldungen auf Ihrer Webseite unter die Lupe: Sind diese klar verständlich?
- Prüfen Sie, wo es notwendig ist, Content in Gebärdensprache zu übersetzen.
- Und nicht zuletzt: Lassen Sie bei Ihren Texten jede Eitelkeit ziehen. Die schönsten sind die, die alle verstehen.
Ihre Seite barrierefrei zu gestalten, erweist sich für Sie als ein unüberwindbares Hindernis? Keine Sorge, wir unterstützen Sie gerne! Unser Consulting-Team erstellt Ihnen ein UX-Design, mit dem Sie jeden abholen. Unsere Online-Redaktion ist spezialisiert darin, auch komplexe Themen für alle Leser und Leserinnen verständlich aufzubereiten. Sprechen Sie uns an! Die Ippen Digital Media berät Sie gerne in einem kostenlosen Erstgespräch unter der Telefonnummer +49 (89) 5306-8243 oder per Mail unter info(at)ippen-digital-media.de.