Einen Content Marketing-Tag in München lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Deshalb besucht Katharina die Medientage. Was sie Neues gelernt hat, erzählt sie hier.
„Die Content Revolution startet jetzt.“ – mit diesen Worten eröffnet Klaus Eck den Content Marketing-Tag bei den Medientagen in München. Das klingt ja schon mal vielversprechend. Bis zum Nachmittag diskutieren Media Directors, CEOs und Journalisten über Content Marketing, Storytelling und Native Advertising. Ob die Medienprofis mehr wissen als wir oder ein Geheimrezept für Content Marketing haben, erfahren Sie hier.
Der Saal ist voll, die Zuhörer drängeln sich entlang der Wände. Und das, obwohl die Veranstaltung am Freitag – dem letzten Tag der Medientage – stattfindet. So unterschiedlich die Zuhörer auch sind, alle haben gemein, dass sie wissen wollen, was Content Marketing ist. Der Großteil des Publikums hat den Begriff zwar mal gehört, aber nur eine vage Ahnung davon, was dahinter steckt. Da weiß ich immerhin schon mal Genaueres. Dass Content Marketing keine moderne Erfindung ist, war mir allerdings noch nicht klar.
Frühstes Beispiel für Content Marketing kommt aus Frankreich
Den französischen Reifenhersteller Michelin kennen wir alle, aber die wenigsten wissen, dass die Firma als eine der ersten Content Marketing eingesetzt hat. Das war vor genau 114 Jahren. Damals hatte Michelin eine geniale Idee. Anstatt eine Broschüre mit ihren eigenen Produkten zu drucken, gab das Unternehmen den Guide Michelin heraus: Ein 400 Seiten dickes Heft voll mit nützlichen Hinweisen für Autofahrer – vom Basis-Wissen über allgemeine Reisetipps bis hin zu Übernachtungsmöglichkeiten.
Der französische Reifenhersteller hat damit genau den Geschmack seiner autofahrenden Kunden getroffen. Die 35.000 kostenlosen Exemplare des Guide Michelin gingen weg wie warme Semmeln. Daraufhin ließ die Firma weitere Broschüren drucken, für die sie Geld verlangt hat.
So funktioniert Content Marketing im digitalen Zeitalter
Das Michelin Beispiel gefällt mir, weil es auf heutige Firmen übertragbar ist. Logisch, heute käme kaum ein Unternehmen auf die Idee, eine 400-seitige Broschüre zu drucken. Dafür gibt es schließlich Websites, Facebook, Twitter, Blogs oder den eigenen YouTube-Kanal. Aber seinen Content hat Michelin clever gewählt. Er darf nicht austauschbar sein und muss zur Marke passen. „Der Inhalt muss dem Kunden einen Mehrwert bieten“, erläutert Klaus Eck. „Gutes Content Marketing funktioniert nur dann, wenn sich die Abteilungen untereinander austauschen und zusammenarbeiten.“ Das erfordert in vielen Fällen eine Neuorganisation innerhalb der Unternehmen.
Die Content Strategie von L’Oréal
Der internationale Kosmetik-Konzern L’Oréal hat die interne Umstrukturierung und Vernetzung schon hinter sich gebracht. „Dabei sind Bereiche wie PR, Marketing und Vertrieb zusammengewachsen“, erklärt der Redner Andreas Neef, Media Director DACH bei L’Oréal. „Bei L’Oréal stehen nicht mehr die Produkte im Mittelpunkt, sondern die Menschen, die sie benutzen.“
Das klingt gut, finde ich und denke gleich an Storytelling. L’Oréal ist da aber schon einen Schritt weiter: Storybuilding ist das neue Erfolgsrezept. Nutzer erzählen ihre eigene Geschichte und liefern der Firma gleichzeitig Content, so wie bei der Kampagne für die Studio Line Produkte von L’Oréal. Mit Hilfe einer kostlosen App können die Konsumenten ihre eignen Videos drehen, bearbeiten, auf der Website hochladen und tolle Preise gewinnen.
Native Advertising als neue Werbeform
Während ich noch versuche, die App runterzuladen, betreten die nächsten beiden Redner das Podium – schon wieder Männer. Es geht um Native Advertising, eine spezielle Form des Content Marketings. Das Besondere: Firmen bezahlen für Inhalte, die nicht nur auf ihren eignen Kanälen ausgespielt werden, sondern auch auf anderen Plattformen erscheinen, zum Beispiel in einer Tageszeitung. Den Inhalt liefert eine unabhängige Redaktion, nicht das Unternehmen selbst. Der Firmenname wird nicht im Artikel erwähnt, sondern erscheint nur ober- oder unterhalb als Sponsor.
Für Alexander von Streit, Gründer von Krautreporter, ist die neue Werbeform ein Synonym für Schleichwerbung, gekauften Journalismus und schlechte Qualität. „Durch Kennzeichnung als Anzeige handelt es sich hierbei nicht um Schleichwerbung”, versichert Steffen Hopf, Managing Director und Country Commercial Director bei Yahoo Deutschland. Er sieht in Native Advertsing nicht nur eine Möglichkeit für Content Marketing, sondern auch die Chance, qualitativ hochwertige journalistische Ergebnisse zu finanzieren.
Fazit meines Content Marketing-Tags: Storytelling, Storybuilding, Native Advertising – es gibt viele Möglichkeiten, Content Marketing zu betreiben. Und es werden sich in Zukunft vermutlich weitere entwickeln. Welche Form ein Unternehmen für sich nutzt, ist dabei eher zweitrangig. Viel wichtiger ist, dass der Content einzigartig und qualitativ hochwertig ist und die Leser begeistert. Irgendwie fühle ich mich nach dem Content Marketing-Tag bestätigt in meinem Job als Online Redakteurin in einer Firma, bei der es auf den Inhalt ankommt. Nur mehr Frauen auf dem Podium wären schön gewesen, aber vielleicht dann ja im kommenden Jahr.
Bildquelle: © iStockphoto – Ancika