Der verlorene Kunde – wie Sie mit Einfacher Sprache Ihre Zielgruppe erweitern

11 | 24

Sie wollen Texte schreiben, die Ihre Kunden nicht nur lesen, sondern auch wirklich verstehen? Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz macht das sogar bald zur Pflicht. Was Einfache Sprache überhaupt ist, und wie Sie die neue Gesetzgebung zu Ihrem Vorteil nutzen?

Einfache Sprache – warum gerade jetzt?

Ab dem 28.06.2025 gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und Informationen zu Produkten oder Dienstleistungen müssen für alle Menschen zugänglich sein. Eins der Ziele ist ein möglichst inklusives Internet mit barrierefreien Webseiten. Neben technischen Anforderungen gehört dazu auch die Einfache Sprache. Sie betreiben einen Online-Shop oder bieten Services über eine Webseite an? Dann müssen alle Ihre User:innen, ungeachtet ihrer Lesekompetenz, die dortigen Informationen und redaktionellen Inhalte verstehen können.


Gut zu wissen: Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betrifft vor allem Webseiten, die Dienste wie Kontaktformulare, Messenger oder E-Commerce anbieten. Ausgenommen sind reine Präsentationsseiten wie Blogs, die keine Services oder Produkte anbieten, sowie kleine Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden oder unter zwei Millionen Euro Umsatz bzw. Bilanzsumme. Betroffene Seiten müssen ihre Inhalte visuell, auditiv und kognitiv für alle zugänglich gestalten.


Warum sich Einfache Sprache für Ihr Unternehmen lohnt?

Texte lesen und verstehen: In Deutschland stellt diese vermeintlich leichte Aufgabe rund 14 Millionen Menschen vor eine Hürde. Für manche von ihnen scheint sie unüberwindbar. Darunter befinden sich nicht nur Analphabet:innen und Menschen mit Lernbeeinträchtigungen. Unsere Bevölkerung wird immer älter und damit nehmen auch die kognitiven Fähigkeiten ab. Auch der Anteil an Personen, die Deutsch als Zweitsprache sprechen, nimmt zu. Zudem zeigen Studien, dass Kinder und Jugendliche vermehrt Schwierigkeiten mit langen Sätzen und zu vielen Fremdwörtern haben. 

Großer Aufwand und wenig Nutzen? Weit gefehlt. Haben Sie schon mal nach einem langen Arbeitstag versucht, Ihre Nebenkostenabrechnung zu prüfen oder den letzten Bescheid vom Finanzamt zu verstehen? Wir alle sind täglich unzähligen Reizen ausgesetzt. In dieser Flut die relevanten Informationen zu filtern und zu verarbeiten, kann selbst mit perfekter Lesekompetenz ziemlich anstrengend sein.  

Mit Einfacher Sprache vergrößern Sie also nicht nur Ihre Zielgruppe, sondern erreichen die Menschen auch wirklich. Wer einen Text versteht, bleibt dran. Das gilt für Kund:innen wie für Mitarbeitende. Eine transparente und verständliche Kommunikation stärkt zusätzlich das Vertrauen in Ihre Marke. Texte in Einfacher Sprache sind außerdem schneller und kostengünstiger zu übersetzen – ein großes Plus für alle internationalen Unternehmen.

Einfache Sprache – mehr als nur „gut schreiben”

Für die Einfache Sprache gibt es kein festes Regelwerk. Nach der Internationalen Organisation für Normung basiert sie auf vier Grundsätzen, die für alle Sprachen gelten (ISO 24495-1): 

  1. Relevanz: Die Lesenden erhalten, was sie brauchen.
  2. Auffindbarkeit: Die Lesenden finden, was sie suchen.
  3. Verständlichkeit: Die Lesenden verstehen, was sie finden.
  4. Anwendbarkeit: Die Lesenden können die Informationen leicht anwenden.

Im April 2024 veröffentlichte das Deutsche Institut für Normung ein Handbuch konkret für die deutsche Sprache (DIN 8581-1). Keine Sorge, Sie müssen sich nicht durch ein ganzes Buch klicken. Mit unserer Checkliste haben Sie die wichtigsten Richtlinien auf einen Blick:

Inhalt

  • Fokus auf das Wesentliche
  • überflüssige Informationen oder Details streichen
  • Erklärungen mit konkreten Beispielen aus der Lebenswelt der Lesenden

Aufbau & Layout

  • sinnvolle Gliederung
  • optische Strukturierung (Überschriften, Unterüberschriften, Infobox …)
  • linksbündig, genügend Zeilenabstand, größere Schrift
  • keine Worttrennungen am Ende der Zeile
  • passende Fotos oder Illustrationen zur Veranschaulichung

Textebene

  • kurze Sätze (höchstens 15 bis 20 Wörter)
  • einfacher Satzbau, überwiegend Hauptsätze
  • möglichst geläufige und kurze Wörter
  • so wenig Fremdwörter wie möglich
  • notwendige Fachbegriffe erklären
  • aktiv statt passiv formulieren
  • eindeutige Aussagen, keine Ironie 
  • keine Metaphern oder Sprichwörter
  • keine Synonyme
  • keine Füllwörter
  • keine Abkürzungen
  • direkte, höfliche Ansprache der Lesenden

Hätten Sie’s gewusst? Einfache Sprache trägt nicht dazu bei, dass die Lesekompetenz zurückgeht. Sie motiviert Menschen sogar, mehr zu lesen und damit ihre Lesekompetenz zu verbessern.


Neues Gesetz, bewährte Praxis – Einfache Sprache ist in unserer Redaktion längst Alltag

Google und andere Suchmaschinen priorisieren schon jetzt leicht verständliche Texte in ihren Suchergebnissen. In unserer Online-Redaktion erstellen wir deswegen alle Inhalte nach dem Hamburger Verständlichkeitsmodell. Dieses greift bewährte Merkmale der Textverständlichkeit auf und basiert wie die Einfache Sprache auf vier Grundsätzen:

  1. Einfachheit 
  2. Gliederung und Ordnung
  3. Kürze und Prägnanz
  4. Anregende Zusätze

Zuerst ist es wichtig, ein Thema genau zu verstehen und alle W-Fragen zu beantworten. Des Weiteren gilt für das Hamburger Verständlichkeitsmodell:

DosDon’ts
aktiv schreiben
geläufige Wörter
kurze, klare Sätze
starke Verben
Synonyme
Bilder durch Sprache erzeugen
Fachbegriffe erklären
Text gliedern
Wichtiges kommt zuerst
Mehrwert für die Lesenden, wie Beispiele aus der Lebenswelt
passiv schreiben
Fremdwörter, Abkürzungen
verschachtelte Sätze
Substantivierungen
Hilfsverben
Worthülsen
Negativ-Konstruktionen
lange Textpassagen ohne Struktur
roten Faden verlieren
Inhalt wiederholt nur Bekanntes

Einfache Sprache, Hamburger Verständlichkeitsmodell, Leichte Sprache – ein Überblick

Neben der Einfachen Sprache gibt es noch die Leichte Sprache. Sie weicht deutlich stärker von unserer gewohnten Schriftsprache ab und wird vorwiegend von Behörden genutzt.

Leichte Sprache, Einfache Sprache, Hamburger Verständlichkeitsmodell – damit Sie bei den vielen Richtlinien und Empfehlungen nicht den Überblick verlieren, fassen wir die wichtigsten Unterschiede zusammen:

Einfache SpracheHamburger VerständlichkeitsmodellLeichte Sprache
Pflicht für viele Unternehmen ab dem 28.06.2025Empfehlung für alle SEO-InhaltePflicht für Behörden seit 2011
Sprachniveau B1kein festgelegtes SprachniveauSprachniveau A2
Handbuch mit RichtlinienEmpfehlungen mit kreativem Spielraumfestes Regelwerk, z.B. maximal 8 Wörter pro Satz
keine Prüfungkeine PrüfungPrüfung durch Menschen mit Lernschwierigkeiten

Unser Fazit: Ob mit Blick auf das SEO-Ranking Ihrer Inhalte oder weil Sie sich mit Ihrem Unternehmen für mehr gesellschaftliche Teilhabe einsetzen wollen – wer einfach schreibt, wird leichter verstanden. Wir helfen Ihnen gern und bringen selbst komplexe Themen wirkungsvoll in die digitale Welt.

Ippen Digital Media Redaktion
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