Die Erfolge von YouTube-Stars verführen Werbetreibende zu hohen Ausgaben für Influencer Marketing. Doch seien Sie vorsichtig – lesen Sie über die Do‘s und Dont’s, bevor Sie investieren. Ein hipper Influencer mit Ihrem Produkt in der Hand. Kurz die Kamera draufgehalten und voilá – schon ist das Video auf YouTube hochgeladen und sammelt fleißig Klicks. Doch so einfach geht’s nicht. Christof zeigt euch die Do’s und Dont’s beim Influencer Marketing.
Zwischen One-Hit-Wonder und Wonderwoman
Kennen Sie Bianca Heinicke aka Bibi? Spätestens seitdem die YouTuberin mit ihrer ersten Single in den Charts landete, hat sie dem Thema Influencer Marketing auf breitester Basis Gehör verschafft. Völlig egal, ob der vor Pink strotzende Clip zum Song den Negativ-Klickrekord auf YouTube hält, und Bibi mit dem angeblich geklauten Lied ein One-Hit-Wonder bleibt. Die Vloggerin hat sich längst zu einer gut laufenden One-Woman-Show inklusive Wikipedia-Eintrag gemausert.
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Info: Was ist Influencer Marketing?
Influencer Marketing beschreibt eine Marketing-Technik, bei der das werbende Unternehmen zu Gunsten eines Influencers in den Hintergrund tritt. Dieser präsentiert ein Produkt vorwiegend über Social Media-Kanäle wie YouTube oder Instagram. Der Influencer fungiert als glaubwürdiger Multiplikator, der zahlreiche Fans und Abonnenten hinter sich hat. Diese verbreiten ihrerseits dessen Inhalte im Web und machen damit auch das beworbene Produkt bekannt. Damit erzielt der Meinungsführer eine sehr große Reichweite. Sein hohes Ansehen strahlt positiv auf das beworbene Produkt ab und fördert dessen Absatz.
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Viele ihrer Clips bestehen im Grunde nur aus Product Placement für Kosmetika und andere Lifestyle-Waren – doch genau dafür geben Unternehmen gerne Geld aus. Schließlich versprechen die mehr als 4,5 Millionen Abonnenten von Bibis YouTube-Kanal eine enorme Reichweite. Ganz abgesehen von den zusätzlichen Synergieeffekten, die entstehen, weil Bibis Community Ihre Inhalte weiterverbreitet. Daran ändert auch die schlechte Publicity nach Ihrem Single-Flop nichts. Ja, Influencer Marketing wirkt auf Manager eines Unternehmens sexy. Kein Wunder – schließlich verlagert sich das Werbe- und Marketinggeschäft immer mehr ins Web.
Neue Techniken wie Content Marketing und Native Advertising bieten spannende Möglichkeiten, Inhalte punktgenau an Ihre Zielgruppen auszuspielen. Gerade um die Social Media-affine junge Generation anzusprechen, brauchen Sie als Unternehmen eine Werbekommunikation, die unkonventionell, authentisch und glaubwürdig wirkt. Und genau diese Attribute verkörpern Influencer wie Bibi, Caroline Daur und viele andere.
Das sind die Vorteile beim Influencer Marketing
Richtig eingesetzt profitieren Sie als Unternehmen von Influencer Marketing:
- Da der Influencer in der ersten Reihe steht und Ihr Unternehmen in den Hintergrund rückt, nimmt der Leser Ihr Produkt unvoreingenommen wahr.
- Der Influencer präsentiert die Werbebotschaften authentischer, als Sie das als schwer greifbares Unternehmen tun könnten.
- Da die Community dem Influencer glaubt, steht sie dem gezeigten Produkt positiv gegenüber – ganz nach dem Motto „Was der gut findet, gefällt mir auch“.
- Ihre Reichweite vervielfacht sich durch Influencer Marketing. Im Idealfall verbreitet sich die Werbebotschaft über viele weitere Kanäle.
- Da es für jedes Produkt einen Experten im Netz gibt, erreichen Sie mit einem Meinungsführer aus diesem Bereich sehr genau Ihre Zielgruppe.
- Kampagnen sind gut messbar, da Sie über Kommentare und Aufrufe beziehungsweise Likes der Community direkt das Feedback Ihrer Zielgruppe erhalten.
Influencer Marketing: Wenn Coral cool sein will
Ein Unternehmen, das ein Waschmittel bewerben will, tut sich sicherlich schwerer, sowohl eine passende Geschichte rund um sein Produkt als auch einen geeigneten Influencer zu finden. Ein Waschmittel ist nicht so sexy wie eine Pflegelotion, die für weiche Haut sorgt. Zudem eignet sich das heimische Badezimmer oder die Waschküche eher weniger als Laufsteg für Influencer.
Dass daran auch ein Großkonzern wie Unilever scheitert, zeigt dessen neueste Werbekampagne für Coral auf Instagram. Ohne Zusammenhang geschweige denn einer Story präsentiert das Unternehmen verschiedene Influencer wie Fiona Erdmann oder Mandy Grace Capristo, die mit einem Coral Waschmittel posieren. Warum sie das tun und was sie mit dem Waschmittel verbinden, erfährt der Nutzer nicht. Genauso wenig weiß er, was nun Coral so besonders macht und von der Konkurrenz abhebt. Er bleibt nur irritiert zurück.
Die Fotos sind noch dazu so extrem gestellt, dass auch der letzte Funken Glaubwürdigkeit verloren geht. So wirkt die Kampagne sinnentleert und unfreiwillig komisch. Die negativen Reaktionen der Social Media-Community lassen jedenfalls nicht lange auf sich warten.
Dass Unilever durch die deutliche Kritik viel Aufmerksamkeit für seine Kampagne erhalten hat, dürfte den Konzern zwar beruhigen. Die eigentlichen Marketing-Ziele hat die Werbeaktion aber eher verfehlt.
Influencer Marketing: Das sind die Do’s und Dont’s
Anhand dieses Beispiels erkennen Sie die Don’ts beim Influencer Marketing:
- Sie haben keine Strategie: Ohne Vorbereitung und Taktik funktioniert auch die Arbeit mit Meinungsführern nicht.
- Sie legen keine klaren Ziele fest: Egal, ob Sie den Absatz Ihrer Produkte erhöhen oder Ihre Bekanntheit steigern wollen – Sie brauchen konkrete Ziele.
- Sie stecken die Konditionen nicht ab: Natürlich geht es beim Influencer Marketing um Geld. Welche Summen Sie investieren, hängt von Ihrem Budget, den Erwartungen Ihres Kooperationspartners – und nicht zuletzt von Ihrem Verhandlungsgeschick ab.
- Sie missachten die Werbekennzeichnung: Die rechtlichen Vorgaben sind unmissverständlich: Social Media-Postings, in denen ein Influencer Ihre Produkte bewirbt, brauchen zwingend eine Werbekennzeichnung.
Zu den wichtigsten Do’s gehören:
- Legen Sie eine Strategie fest, in der Sie Ihre Ziele verankern.
- Kontaktieren Sie Ihren „Wunsch-Influencer“ persönlich mit einem gut durchdachten Kooperationsvorschlag.
- Kommunizieren Sie Ihre Markenbotschaft, die Zielgruppen und die Ziele Ihrer Zusammenarbeit klar und deutlich.
- Zeigen Sie Durchhaltevermögen, da Influencer Marketing nicht automatisch sofort zum Erfolg führt.
- Geben und nehmen: Bauen Sie eine vertrauensvolle Geschäftsbeziehung zu Ihrem Influencer auf. So sorgen Sie für eine angenehme Atmosphäre bei der Zusammenarbeit und beide Seiten profitieren.
So entscheiden Sie sich für den richtigen Influencer
Wählen Sie einen Influencer mit Bedacht aus, denn er muss folgende Eigenschaften mitbringen:
- Er passt zu Ihren Produkten, Ihrer Marke und Ihrer Marketingstrategie.
- Er bietet Ihnen eine Zielgruppe, die Sie mit Ihren Produkten erreichen wollen.
- Er nutzt relevante Medienkanäle, in denen sich Ihre Zielgruppe bewegt.
- Er kooperiert gerne mit Ihnen.
Dass ein Influencer zu Ihrem Unternehmen passt, ist das wichtigste Kriterium. Produzieren Sie zum Beispiel Wust- und Fleischwaren, bringt Ihnen ein Influencer, der sich vegetarisch ernährt, herzlich wenig. Das Gleiche gilt, wenn Sie als Verkäufer von teuren Anzügen einen Protagonisten engagieren, der für seinen legeren Modestil bekannt und beliebt ist. Und natürlich nützt Ihnen ein Influencer nichts, wenn dieser die Produkte Ihrer Konkurrenz bevorzugt.
Denken Sie bei Ihrer Suche nach einem passenden Protagonisten auch an sogenannte Mikro-Influencer – etwa Blogger. Diese besitzen zwar weniger Follower und Fans als Social Media-Stars wie Bibi, genießen allerdings ein großes Vertrauen innerhalb Ihrer Community. Da sie eine große Fachkompetenz besitzen, hat ihre Meinung innerhalb der Szene Gewicht. Zudem besetzen sie Nischen, in denen sich vielleicht genau Ihre Zielgruppe aufhält.
Quo vadis Influencer Marketing?
Trotz des gegenwärtigen Hypes spekuliert die Digitalbranche, ob Influencer Marketing bereits am Ende ist. Das ist natürlich Unsinn, dennoch ist eine kritische Betrachtung notwendig. Schließlich geben die Influencer auch nicht immer eine gute Figur ab. Hier bietet sich wieder die Coral-Kampagne als Beispiel an. Was die Protagonisten dort tun, ist nichts anderes als unkritisch Schleichwerbung präsentieren. Das kommt bei den wenigsten Usern gut an.
Schließlich mag die Community ihre Helden doch genau deshalb, weil sie lebensecht und glaubwürdig wirken. PR-Bloggerin Sylvia Fritsch bringt es auf den Punkt: „Mit Werbung für jeden und alles, ohne Rücksicht auf Sinn, Glaubwürdigkeit und Authentizität machen sich Influencer selbst ihr Geschäft kaputt.“
Davon abgesehen, dass der ein oder andere Influencer mit der Werbekennzeichnung eher unbekümmert umgeht. Damit handelt er nicht rechtskonform.
Die Glaubwürdigkeit aufrecht zu erhalten, stellt Influencer – und auch Unternehmen – vor die größte Herausforderung. Gelingt dies einem Partner nicht, wirkt sich das negativ auf beide Seiten aus. Der Influencer verliert an Reputation, Ihr Unternehmen auch und der Absatz leidet unter Umständen darunter. Ist die Reputation erstmal beschädigt, dauert es sehr lange, bis Sie das Vertrauen der Community gegenüber Ihrer Marke und Ihrem Influencer zurückgewinnen. Vermeiden Sie daher einen Imageverlust.
Fraglich ist zudem, ob künftig nicht doch ein Übersättigungseffekt eintritt. Da immer mehr Influencer aus dem Boden schießen, lassen sie immer weniger unterscheiden. Zumal sich die Inhalte häufig gleichen, wenn Meinungsführer aus demselben Themenfeld berichten – etwa im Bereich Mode und Fashion. Der erste Badeanzug, in dem Caro Daur posiert, mag auf einem Instagram-Bild sicher noch reizend aussehen und viele Follower begeistern. Aber hält dieser Effekt auch beim 100.hundertsten Bikini an? Schließlich machen viele andere Blogger und YouTuber genau das Gleiche. So oder so – das Thema Influencer Marketing bleibt spannend.