Herausforderung angenommen! Zum ersten Mal in unserem Agenturalltag setzen wir uns intensiv mit der neuen künstlichen Konkurrenz auseinander. Wir lassen ein KI-Tool Texte schreiben, die sonst unsere Redakteur*innen erstellt haben. Dabei interessiert uns vor allem, wie Künstliche Intelligenzen funktionieren und wo ihre Stärken und Schwächen liegen. Müssen wir in Zukunft um unsere Jobs fürchten – oder arbeiten Mensch und Maschine zusammen?
Die „Spinning Jenny“ war die erste technische Erfindung, die im 18. Jahrhundert die Industrielle Revolution einläutete. Die moderne Spinnmaschine von James Hargreaves brachte Unruhe in Englands Manufakturen. Mehr als 250 Jahre später sorgen Künstliche Intelligenzen namens Jasper, Frase und ChatGPT dafür, dass Redakteur*innen, Schriftsteller*innen und Autor*innen um ihre Existenz bangen.
Die großen Sprachmodelle simulieren menschliche Konversationen, verstehen Texte und erstellen Inhalte. Und zwar so gut, dass sie kaum von denen echter Menschen zu unterscheiden sind. Das kann beängstigend sein und so fragt The Guardian schon 2020 seine Leser: “A robot wrote this entire article. Are you scared yet, human?” A little bit, I guess.
Das können KI-Tools: Eine Bestandsaufnahme
Das Modell ChatGPT ist zum Beispiel darauf trainiert, einen Dialog zu führen. Es antwortet auf Fragen, erklärt Zusammenhänge und gibt Fehler zu. In einem Interview mit dem SEO Experten und Digital Strategen Kai Spriestersbach zeigt der Chatbot, was er drauf hat:
F: Wie können Sie das Korrekturlesen übernehmen?
Als großes Sprachmodell bin ich auf eine große Menge von Textdaten trainiert, was es mir ermöglicht, menschenähnlichen Text zu verstehen und zu erzeugen. Das bedeutet, dass ich Grammatik- und Rechtschreibfehler erkennen sowie alternative Wortwahlen und Satzstrukturen vorschlagen kann, um die Klarheit und Kohärenz eines Textes zu verbessern.
Ich kann meine Vorschläge auch erläutern, damit Sie verstehen, warum eine Änderung notwendig oder vorteilhaft sein könnte. Auch wenn ich nicht perfekt bin und vielleicht nicht jeden Fehler entdecke, kann ich eine wertvolle zweite Sichtweise bieten, um die Qualität Ihrer schriftlichen Unterlagen zu verbessern.
https://www.search-one.de/interview-mit-einer-ki/
Die Qualität der Texte im Deutschen hängt davon ab, in welcher Sprache die KI-Tools trainiert wurden. Da die meisten führenden Technologien ihren Ursprung im englischsprachigen Raum haben, sind die englischen Inhalte deutlich besser. Besonders zwei Künstliche Intelligenzen überzeugen jedoch auch mit ihren deutschen Texten: Jasper und Frase.
Jasper kann:
- Anweisungen befolgen,
- eine Unterhaltung führen,
- anhand eines ausgearbeiteten Workflows Texte generieren,
- überprüfen, dass kein Plagiat vorliegt,
- Inhalte verbessern und ansprechender gestalten,
- neue Ideen für Social Media-Kanäle entwickeln,
- automatisch auf öffentliche Kundenrezensionen antworten,
- lange Texte zusammenfassen und
- einen Tone of Voice wiedergeben.
Frase unterscheidet sich von Jasper vor allem dadurch, dass ein SEO-Tool integriert ist. Dadurch bringt die Künstliche Intelligenz folgende Fähigkeiten mit:
- recherchiert bisher vorhandene Texte zu einem Thema,
- verlinkt auf Quellen,
- erstellt automatisch ein Briefing,
- vergleicht eigene Inhalte mit der Konkurrenz und
- fügt fehlende Aspekte hinzu, damit die Texte besser bei Google ranken.
Während Frase durch die integrierte SEO-Funktion aktuelle Studien und Quellen automatisch in den Text einbauen kann, überzeugt Jasper vor allem durch seine sprachliche Gewandtheit.
Die Technologie hinter der Künstlichen Intelligenz
Frase und Jasper funktionieren als maschinelle Lernsysteme nach demselben Prinzip: Mit Hilfe sehr großer Textmengen sind sie darauf trainiert, eigenständig sinnvolle Sätze zu bilden. Hinter beiden Programmen steckt der GPT-3 Algorithmus der gemeinnützigen Organisation Open AI. Seit 2015 erforscht das Gründerteam von Open AI – zu dem unter anderem Elon Musk und Sam Altman gehören – gemeinsam mit Universitäten und Fachinstitutionen Künstliche Intelligenz. Ihr Ziel: eine Künstliche Intelligenz entwickeln, die dem Menschen gleicht. 2020 haben sie GPT-3 veröffentlicht und sind ihrem Vorhaben damit einen großen Schritt näher gekommen.
So funktioniert GPT-3
GPT steht für Generative Pre-trained Transformer: ein Sprachverarbeitungsmodell, das nicht nur Texte umwandelt, sondern auch neue Inhalte generiert. Wie seine beiden Vorgängermodelle ist GPT-3 als künstliches neuronales Netzwerk konzipiert, das sein Wissen mittels Deep Learning erweitert. Das bedeutet, es imitiert die Arbeitsweise des menschlichen Gehirns und stellt selbständig Verbindungen her. Vereinfacht kann man sich das so vorstellen: Mit ungefähr acht Monaten fängt ein Baby an, die Welt in Kategorien einzuteilen. Dazu vergleicht es alles, was es sieht und ordnet es in die passende Schublade in seinem Gehirn ein. Dabei passieren gerade am Anfang immer mal wieder Fehler:
Das Baby hat gelernt, dass die Kuh schwarz-weiß gefleckt ist und “Muh” macht. Nun sieht es einen schwarz-weiß gefleckten Hund und schlussfolgert, dass auch dieser “Muh” macht. Die Eltern weisen es darauf hin, dass der Hund “Wuff” macht. Und das Baby korrigiert mit Hilfe des Feedbacks seine Kategorien. So ähnlich funktioniert das auch bei GPT-3.
Das Sprachmodell erstellt Inhalte und antwortet auf Fragen, indem es mit sehr großen Textmengen trainiert. Dabei erkennt der Algorithmus Sprachstrukturen und lernt, welche Wort-Satz-Muster häufig vorkommen. Seine Lernweise ist so komplex, dass er sinnvolle Sätze bilden kann, die nicht in den Trainingsdaten enthalten sind. Das künstliche neuronale Netzwerk im Kern von GPT-3 verfügt über 2 TB reinen Text. Zum Vergleich: Seine Vorgängerversion wurde nur mit 40 GB Text trainiert. Das macht die GPT-3-Technologie extrem leistungsfähig.
Der Test: Jasper und Frase im Vergleich
Wir wollen wissen, ob und wie ein KI-Tool unsere redaktionelle Arbeit erleichtern kann. Bevor wir unseren künstlichen Kollegen auf unsere Kunden loslassen, testen wir seine Fähigkeiten erstmal intern für unseren Blog. Wir geben ihm die Aufgabe, einen Blogartikel zum Thema Podcasts für Unternehmen zu schreiben.
So arbeitet Jasper
Jasper bietet einen eigenen Workflow für Blogartikel an. Den nutzen wir und erstellen Schritt für Schritt einen Text.
Im ersten Schritt legen wir eine Überschrift für den Blogartikel fest. Außerdem geben wir Zielgruppe und Tone of Voice an. Mit einem Klick liefert Jasper eine Einleitung für unseren Blogartikel.
Auf den ersten Blick erscheint der Text sinnvoll und könnte genauso von Redakteur*innen geschrieben worden sein. Die Qualität entspricht jedoch nicht unseren Standards für gute Inhalte:
Nach der Einleitung für unseren Blogartikel legt Jasper eine Gliederung und die entsprechenden Zwischenüberschriften fest.
Anschließend erstellt er den Artikel Absatz für Absatz anhand der Zwischenüberschriften. Dabei haben wir immer die Möglichkeit, Inhalte zu überarbeiten oder neu zu erstellen. Dazu können wir jederzeit in den Chat-Modus wechseln und Jasper direkt einen Befehl erteilen.
Nach dem Muster erstellt Jasper Schritt für Schritt den gesamten Blogartikel inklusive eines Schlussabsatzes mit dem Fazit des Textes.
So funktioniert Frase
Während Jasper einen Schritt-für-Schritt Workflow für einen Blogartikel anbietet, erstellt Frase ein einfaches Dokument.
Mit Hilfe der integrierten SEO-Funktion schaut sich Frase zunächst an, welche Artikel zu dem Thema bei Google besonders gut ranken.
Das KI-Tool Frase führt Befehle aus. So lässt sich ein Blogartikel ganz einfach erstellen:
Wie bereits im Fall von Jasper ist das Ergebnis sinnvoll und von einem menschlichen Text nicht zu unterscheiden. Allerdings ist der Inhalt für uns noch nicht hochwertig genug.
Frase bietet jedoch immer alternative Formulierungen an. Durch die Befehle ist es möglich, das KI-Tool schnell und einfach Bulletpoint-Listen, Überschriften oder Textübergänge erstellen zu lassen. Am Ende erhält der Nutzer einen Blogartikel, den er fast so veröffentlichen kann.
Stärken und Schwächen der Tools
GPT-3 von Open AI ist das Sprachmodell, das auch im Deutschen am weitesten entwickelt ist. Trotzdem sind die Ergebnisse nicht immer sinnvoll und hochwertig. Abgesehen von der sprachlichen Qualität mangelt es den KI-Tools an folgenden Fähigkeiten:
- Aktualität: Die Trainingsdaten von Open AI reichen nur bis ins Jahr 2021. Ein Update wird jedoch bald kommen.
- Wahrheitsgehalt: Die Quellen, aus denen das Tool sein Wissen zieht, werden nicht immer transparent angegeben. Deshalb ist ein menschlicher Faktencheck wichtig.
- Einzigartigkeit: Zwar ist eine Plagiatsprüfung integriert, trotzdem ähneln sich die Formulierungen zu einem Thema.
- Tiefgehende Recherche: Um ein Thema aus verschiedenen Perspektiven und umfassend zu beleuchten, eignet sich ein KI-Tool nicht.
Sowohl Frase als auch Jasper verfügen jedoch über Fähigkeiten, die den Arbeitsalltag innerhalb einer Redaktion, einer Agentur oder einer Marketingabteilung deutlich erleichtern. Zu den Stärken der KI-Tools gehören:
Stärken:
- Schnelligkeit: Der Algorithmus liefert die Ergebnisse innerhalb von Sekunden.
- Erste Recherche: Gibt einen Überblick über Produkteigenschaften, zählt Vor- und Nachteile auf, nennt erste Argumente zu einem Thema und findet auf Wunsch sogar passende Studien.
- Formulierungshilfe: Hilft dabei, Schreibblockaden zu überwinden oder alternative Schreibweisen zu finden.
- Liefert kreative Denkanstöße: Entwickelt neue Ideen für Kampagnen oder YouTube-Videos.
“Wie bei jedem Werkzeug hängt das Ergebnis von der eigenen Fähigkeit ab und davon, wie man es einsetzt.”
Damit trifft es Kai Spriestersbach auf den Punkt. Ein KI-Tool kann keine*n Redakteur*in ersetzen, aber wertvolle Unterstützung im Arbeitsalltag leisten. Sowohl Jasper als auch Frase eignen sich bestens dazu, oberflächlich zu recherchieren, Textvorschläge zu liefern und Denkanstöße zu geben. Je genauer Nutzer*innen sie briefen, desto besser sind die Ergebnisse. Im Anschluss braucht es jedoch einen Menschen, der die Inhalte auf Qualität und Wahrheitsgehalt kontrolliert und verbessert. Richtig eingesetzt, arbeiten Mensch und Maschine zeit- und ressourcensparend zusammen. Das ist unsere Vision der Zukunft – klingt ganz romantisch irgendwie.