Schreiben fürs Web ist ein Handwerk mit vielen Hürden – zumindest am Anfang des Volontariats. Erfahren Sie, wer das Duell Volontärin versus Webtext bei meinem ersten Artikel gewonnen hat.
Kann ich schreiben? Klar! Kann ich suchmaschinenoptimiert schreiben? Ich denke schon! Kann ich fürs Web schreiben? Nicht wirklich! Diese etwas übertrieben formulierte Erkenntnis holte mich zu Beginn meines Volontariats schnell ein. Lesen Sie in meinem Beitrag, welche Erfahrungen ich bei meinem ersten Artikel gemacht habe.
Ich habe Germanistische Linguistik studiert und den Magister in der Tasche. Also sollte ich doch wissen, wie man schreibt. Für wissenschaftliche Texte mag das zutreffen – doch nicht fürs Web.
SEO war mir schon zu Beginn meines Volontariats ein Begriff. Ich wusste, dass bestimmte Keywords an diverse Stellen im Text gehören. Und dass Zwischenüberschriften und Fettungen das Ranking weiter verbessern. Mir war auch bewusst, dass ich mich in der Welt des Internets von meinen heißgeliebten Schachtelsätzen verabschieden muss. Natürlich war mir klar, dass Texten ein Handwerk ist, das ich erst erlernen muss. Ich ging auch nicht davon aus, dass ich das Volontariat beginne und gleich einen Hammertext nach dem anderen schreibe – mittlerweile sind sie natürlich spitze. Und das, weil ich einen unverzichtbaren Lernprozess durchlaufen habe.
Schleife für Schleife
Schon in der ersten Woche bekam ich die Gelegenheit, zu zeigen, was ich kann – in einem Ratgebertext. Ausgestattet mit jeder Menge Input zu Meta Description, Teaser, Title und Co. legte ich los – zumindest habe ich es versucht. Denn der Start war alles andere als leicht: In kurzen, verständlichen Sätzen auf den Punkt kommen, dabei die Keywords nicht vergessen und das mit einer begrenzten Anzahl an Zeichen, oje. Etwa zwei Tage später hatte ich es geschafft: Der Text war fertig – davon ging ich jedenfalls aus und gab ihn einer Kollegin zum Redigieren.
„Der erste Eindruck zählt!“ dachte ich mir und war entsprechend verunsichert, wie der Text ankommt. Andererseits ging mir durch den Kopf: Wenn ich ganz talentfrei wäre, hätte ich das Volontariat nicht antreten dürfen. Also abwarten!
Meine Kollegin rief mich zu sich, um den Artikel zu besprechen. Irgendwie sah mein Text anders aus als vorher. Plötzlich waren überall Striche und Anmerkungen zu sehen. Erst jetzt fiel mir auf, wie viele überflüssige Füllwörter und Konstruktionen meine Sätze bisher enthielten. Ein Beispiel: „Auf den ersten Blick erscheint der Preis recht hoch, doch die Investition zahlt sich sicher aus.“ Ohne „recht“ und „sicher“ wirkt der Satz knackiger und macht trotzdem noch Sinn – toll.
Mein Text ging in Runde zwei
Jetzt hieß es Überflüssiges streichen, mehr Beispiele bringen und komplizierte Sätze vereinfachen. „Wie würdest Du es einem Freund erzählen? – Dann schreib‘ es auch so!“ Ein guter Tipp meiner Kollegin, den ich gern befolgte. Mein Text wirkte nicht mehr so steif, er wurde lebendiger. Ich tüftelte und tüftelte bis ich der Meinung war: JETZT ist mein Artikel fertig.
Wie die Überschrift „Schleife für Schleife“ verrät, war das noch nicht das Ende vom Lied, besser gesagt vom Text. „Er ist noch nicht rund. – Der rote Faden fehlt. – Der erste Satz vom Teaser ist zu allgemein und weckt wenig Neugier.“ Ich fing also an, ihn erneut zu überarbeiten.
Der Gong schlug für Runde drei
Der Teaser soll Interesse wecken und Lust auf mehr machen. Alle Formulierungen, die mir einfielen, erschienen mir jedoch lahm, klangen gestelzt oder überschritten 300 Zeichen. Natürlich ist es mir irgendwann doch gelungen, einen ansprechenden Einstieg zu formulieren und meinen Artikel zu strukturieren. Mit der Zeit und durch die Übung fiel es mir auch immer einfacher Texte – nein: gute Texte – zu schreiben.
Volontariat: Die Arbeit zahlt sich aus
Wer nun den Eindruck bekommen hat, dass ich mich über die Schleifen geärgert habe, der irrt. Ich war für jede Anmerkung, jeden Tipp und jeden angestrichenen Fehler dankbar und bin es immer noch. Denn nur so erlerne ich das Handwerk. Mir wären meine Floskeln und Füllwörter nicht aufgefallen. Ich ging davon aus, dass meine Entwürfe in Ordnung wären. Warum? Weil mir noch das Gespür und das Know-how für Web-Texte und das Leseverhalten im Internet fehlten.
Inzwischen sind meine Texte zwar noch nicht perfekt, aber „Es wird!“, wie meine Kollegin so schön sagte. Beim direkten Vergleich der ersten Version des Artikels und der, die am Schluss veröffentlicht wurde, liegen Länder. Hä, Länder? Ja – ich habe mit Absicht nicht ‚Welten‘ geschrieben, denn sooo verkehrt war mein Text ursprünglich auch nicht: Ich bin schließlich Linguistin mit einem Magister in der Tasche!
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