Den Moment leben – und seine Freunde daran teilhaben lassen. Das ist die Idee hinter Snapchat. Müssen Facebook und Co. die neue Konkurrenz fürchten? Christof hat sich die App angeschaut.
Snappst du schon oder facebookst du noch? Wer sich mit Social Media befasst, wird seit einiger Zeit von einem kleinem, gelben Geist verfolgt. Der ist das Markenzeichen von Snapchat – eine App, die gerade den Platzhirschen Facebook und WhatsApp den Rang als beliebtestes Social Tool streitig macht. Im ersten Teil unseres Reports erfahren Sie, welche Funktionen Snapchat bietet, und was die App von der großen Konkurrenz abhebt.
Snapchat: Der Moment zählt
Ein paar Zahlen zu Snapchat gefällig? Voila! Knapp 9.000 versendete Fotos pro Minute, 100 Millionen User täglich und acht Milliarden Video-Views pro Tag. Das sind Dimensionen, die selbst in der nicht gerade hype-armen Social Media Welt gewaltige Wellen schlagen. Was im Silicon Valley angefangen hat, ist längst nach Europa hinüber geschwappt: Hier zählt Snapchat 35 Millionen Nutzer täglich – aus Deutschland kommen dabei 2,5 Millionen. Tendenz steigend! Die Digitalmesse re:publica in Berlin widmete der 16 Milliarden Dollar-App vor ein paar Wochen sogar ein eigenes Panel.
Dazu passt, dass Snapchat laut einer aktuellen BRAVO-Umfrage hierzulande Facebook bereits vom Thron gestürzt hat. Kurzum: Ohne Snapchat geht nix mehr. Was also macht die App so anders – und besser als Facebook und Co.?
Zunächst mal: Nicht viel. Grundsätzlich ist Snapchat ein handelsüblicher Instant Messenger – nur mit dem Fokus auf Bild und Video. Ihre privaten Messages heißen hier Snaps, also Schnappschüsse. Sie sind ausschließlich für Ihre Kontakte in der App sichtbar. Vor kurzem hat Snapchat seiner Chat-Funktion ein großen Update spendiert: Jetzt können Sie auch Sprach- und Videonachrichten versenden. Damit bietet Snapchat alle Features, die Sie von WhatsApp kennen. Im Detail:
- Text
- Emojis
- Sticker
- Voicecall und Sprachnachrichten
- Videocall und Videonachrichten.
Der größte Unterschied zu WhatsApp und Co. ist die Vergänglichkeit: Inhalte, die Sie an Ihre Snapchat-Freunde senden, bleiben nur kurze Zeit online, danach verschwinden sie automatisch. Das erinnert an Agentenfilme, in denen sich geheime Nachrichten nach dem Lesen selbst zerstören. Snapchat dreht so quasi die Zeit zurück – in eine Ära, in der Sie sich noch nicht darum sorgen mussten, wer die eigenen Inhalte im Web sieht bzw. besser nicht sehen sollte. Wen wundert‘s, dass die User die App zu Beginn vor allem nutzten, um pikante Fotos und Nachrichten zu versenden.
Im Gegensatz zu Facebook bleiben Inhalte und Nutzer auf Snapchat „unter sich“ – und das ist einer der Vorteile, die den Dienst reizvoll machen. Schließlich ist Facebook mittlerweile so Mainstream, dass sogar Opa und Oma dort ein Profil haben. Das macht das Social Network uncool für Teenies und Twens, die die größten Snapchat-Nutzergruppen stellen.
Snapcode: So funktioniert’s
Soweit die Theorie, doch wie funktioniert Snapchat in der Praxis? Die Registrierung ist unkompliziert: Sie geben Ihre Email-Adresse ein und erstellen einen Account inklusive Passwort. Optional geben Sie Ihre Handynummer an. Jetzt geht’s los – fast! Denn zunächst lässt Snapchat seine Nutzer im Gelben ääh im Dunkeln. Intuitiv ist die App nach dem Start jedenfalls nicht – erst nach und nach erschließen sich die wichtigsten Buttons und Funktionen. Dann wechseln Sie aber schnell zwischen Kamera, Chat-Inbox oder Profilseite hin und her.
Im Mittelpunkt steht Ihre Smartphone-Kamera, mit der Sie Bilder und Videos machen. Neue Kontakte „adden“ Sie aus Ihrem Adressbuch, via Nutzernamen oder über ihren persönlichen Snapcode. Damit ist Ihr Profilbild gemeint, das Sie in der Mitte Ihrer Profilseite sehen. In der Voreinstellung ist ein weißer Snapchat hinterlegt, den Sie komfortabel mit einem animierten Gif Ihres Gesichts ersetzen. Tippen Sie einfach auf den Snapcode, dann können Sie ein Selfie knipsen und dieses verwenden. Aktivieren Sie in der Snapchat-App die Kamera, um einen Freund hinzuzufügen – genau wie bei einem QR-Code. Damit scannen Sie dessen Snapcode, und schon ist Ihre Kontaktliste um eine Person reicher.
Mit Snapchat erstellen Sie zwei Typen von Inhalten:
- Privater Snap
- Snapchat Story
Ihre privaten Snaps können Sie sofort an einen Freund schicken. Dieser bekommt eine Push-Mitteilung und darf sich Ihre Nachricht einmal anschauen. Wie lange, das bestimmen Sie: Über einen Timer stellen Sie einen Zeitraum von maximal 10 Sekunden pro Bild und Video ein. Sobald Ihr Freund den Snap geöffnet hat, läuft der Timer ab. Danach verschwindet der Datensatz für immer im digitalen Nirwana.
Doch was ist, wenn Sie mit Ihrem Smartphone einen Screenshot des empfangenen Snaps erstellen? Diese Möglichkeit kann Snapchat nicht unterbinden, aber der Absender sieht in der App einen entsprechenden Hinweis (Symbol) in der Chat-Inbox. Natürlich können Sie Ihre Snaps auch abspeichern und später versenden.
Ein Schnappschuss für alle Fälle
Doch das ist nicht alles: Die App bietet Ihnen als Sahnehäubchen vielfältige Optionen, Ihre Snaps mit Bild- und Videobearbeitungs-Tools zu „verschönern“. Sie können Ihre Fotos und Clips beschriften, mit Symbolbildern verzieren und sogenannte „Lenses“ (Linsen) sowie Filter darüber legen. Sind Sie besonders kreativ, zeichnen Sie freihändig auf Ihren Snaps. Das sind Ihre Optionen:
- Text
- Emojis
- Zeichnungen
- Lenses (Linsen)
- Filter
Ein echter Blickfang sind die Lenses – verschiedene Masken, die Sie über Ihre Fotos und Videos legen. Dazu nehmen Sie ein Selfie auf. Die App erkennt Ihre Gesichtszüge und bietet Ihnen verschiedene Overlays und Filter an. Tippen Sie einfach kurz auf Ihr Bild – damit ist die Gesichtserkennung aktiviert, die durch ein weißes Raster sichtbar wird.
Insgesamt wählen Sie zwischen zehn verschiedenen Lenses aus, die sich jeden Tag aktualisieren. Dazu gehören Hasenohren, Cowboyhüte oder der bekannten Regenbogen, der aus dem Mund fließt. Aber: Die Lenses funktionieren nur, wenn Sie sie direkt „live“ versenden. Es ist nicht möglich, sie nachträglich auf Snaps zu platzieren.
Mit diversen Filtern ändern Sie zudem wie bei Instagram die Farbgestaltung Ihrer Snaps oder platzieren darauf aktuelle Informationen wie Temperatur oder Uhrzeit. Interessanter sind die sogenannten Geofilter: Diese sind örtlich begrenzt – und daher nur in bestimmten Städten oder Gebieten verfügbar. So erstellen Sie etwa vor Ort in Köln Snaps mit dem Umriss des berühmten Doms. Der Clou: Die Nutzer können Ihre eigenen Geofilter erstellen und sie bei Snapchat als Grafik hochladen. Probieren Sie es aus – mit etwas Glück fügt Snapchat Ihren Filter zum Repertoire hinzu!
Die Bild-und Videobearbeitung der Snaps ist unterhaltsam und geht nach kurzer Eingewöhnung in Fleisch und Blut über. So erstellen Sie im Handumdrehen witzige Bilder und Clips für Ihre Freunde –authentisch und „live“. Probieren geht über Studieren ist dabei das Motto – die Aufmerksamkeit ist Ihnen sicher.
Snapchat präsentiert sich als Social Tool irgendwo zwischen WhatsApp und YouTube. Die direkte Kommunikation via Bild und Video übersetzt den Zeitgeist in die digitale Welt. Dabei treffen die exklusive Community und die vielfältigen Optionen, kreativ zu sein, den Nerv der jungen Smartphone-Generation perfekt.
Das sind die Vorzüge von Snapchat:
- Intimer und exklusiver als Facebook
- Vertrauenswürdig, da Inhalte nicht ewig sichtbar bleiben
- Nur auf Smartphones nutzbar und damit perfekt auf die junge Zielgruppe zugeschnitten
- User produzieren authentische Inhalte, die ein „Mittendrin“-Gefühl schaffen
- Die Inhalte sind unterhaltsam und faszinieren durch spielerische Elemente.
Sein wahres Potential entfaltet Snapchat, wenn Sie eine Snapchat Story gestalten. In dieses virtuelle Tagebuch packen Sie alle Inhalte, die Sie über den Tag verteilt veröffentlichen. Die einzelnen Snaps werden als Filmstreifen aneinander gereiht und ergeben so eine zusammenhängende Geschichte. Das ist authentisch und nah dran am Menschen oder dem Event, das Sie damit begleiten.
Snapchat spielt hier sein Potential für Content Marketing oder Influencer Marketing aus. Lesen Sie mehr dazu im zweiten Teil unseres Reports. Bis dahin: Stay tuned!
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