Eine wichtige Erkenntnis aus Janinas Volontärskurs an der Akademie für Publizistik in Hamburg: Ohne Content Strategie losschreiben? Das geht gar nicht! Hier lesen Sie, warum sie zur Redakteursausbildung dazugehören muss.
Nachrichten schreiben, Headlines texten, Interviews führen – in Hamburg lerne ich beim Volontärskurs Print/Online an der Akademie für Publizistik die journalistischen Basics. Neben all den positiven Eindrücken, die ich mitnehme, fällt mir eines auf: Das Thema Content Strategie nimmt bei der Ausbildung der Redakteure von morgen zu wenig Raum ein. Das muss sich ändern – ein Plädoyer.
Klar, die Basics müssen sitzen …
Keine Frage: Journalisten müssen wissen, wie sie Bildunterschriften, Meldungen und knackige Teaser schreiben. Denn wer mit den richtigen Fragetechniken einem Gesprächspartner die interessantesten Infos entlockt, effizient recherchiert und lesenswerte Reportagen schreibt, erhöht die Qualität des Contents. Gleichzeitig spart das richtige journalistische Handwerkszeug Redakteuren im Arbeitsalltag wertvolle Zeit.
Doch Content zu produzieren, der den Usern einen Mehrwert bietet, der interessant, informativ und/oder unterhaltsam ist, ist nur die Kür am Ende eines langen Wegs. Mindestens genauso wichtig ist die strategische Planung, Streuung und kanalgerechte Aufbereitung qualitativ hochwertiger Inhalte.
… aber es geht um mehr
Wie unverzichtbar eine Content Strategie für Ihren Erfolg ist, zeige ich Ihnen anhand eines Beispiels aus meinem Volontärskurs: Nachdem wir Volos in den ersten drei Wochen in den verschiedensten Arbeitstechniken fit gemacht werden, geht es in Woche vier darum, unser neues Wissen in einem Multimediaprojekt anzuwenden.
Unsere Aufgabe ist es, einen Blog rund um das Thema „Grün in Hamburg“ mit Content in den verschiedensten Formaten zu bestücken. Alles ist erlaubt – von Reportagen und Fotostrecken über selbst-gedrehte Videos bis hin zur Anwendung verschiedener Tools wie Thinglink, Piktochart oder Timeline JS. Eine multimediale Spielwiese für Volontäre.
Auf die Plätze, fertig – Content produzieren!
Das Thema ist klar. Doch wie geht es dann weiter? Ein Tipp: Orientieren Sie sich bitte NICHT an den folgenden drei Schritten bei Ihrer Strategieplanung.
Schritt eins bei unserem Projekt: Wir stellen einen Themenplan auf. Mit vielen richtig guten Ideen rund um das Thema „Grün“. Unter anderem stehen Upcycling, verpackungsfreies Einkaufen und Kochen mit Insekten auf dem Programm – natürlich immer mit Bezug zur Hansestadt.
Schritt zwei: Wir suchen uns einen Namen. Irgendetwas mit „Grün“ sollte es schon sein. Und etwas mit Kommunikation zu tun haben. Wir stimmen demokratisch ab und einigen uns schließlich auf „gruenschnack“ – weil der Name so schön nach Hamburg klingt.
Schritt drei: Voller Begeisterung stürzen wir uns in die Content-Produktion. Das Handwerkszeug sitzt – schließlich hatten wir in den vergangenen Wochen genug Zeit, um die unterschiedlichen Textarten und Formate zu üben.
Irgendetwas läuft nicht rund
Worüber wir VOR dem Schreiben allerdings nicht nachdenken: Viele Köche verderben den Brei – wenn es keine Content Strategie gibt. Denn obwohl es jetzt schon ans thematisch Eingemachte geht, stehen viele Fragen unbeantwortet im Raum:
- BHAG: Was ist das Ziel unseres Blogs? Was möchten wir erreichen?
- Zielgruppe: Wer liest unseren Content? Für wen schreiben wir eigentlich?
- Tone-of-Voice: Was ist unser individueller Tone-of-Voice? Welche Werte möchten wir mit unserer Sprache vermitteln?
- SEO: Welchen Stellenwert nimmt Suchmaschinenoptimierung ein?
- Social Media: Welche Social Media Kanäle sind für uns geeignet? Wie unterscheidet sich die Sprache auf den einzelnen Kanälen? Und mit welchen Maßnahmen erreichen wir unsere Zielgruppe auf dem jeweiligen Kanal am besten?
Wo ist der rote Faden?
Egal, wie hochwertig die erstellten Inhalte am Ende gewesen sind, wie kreativ das Thema war und wie unterhaltsam es aufbereitet wurde – schon eine kurze Bestandsaufnahme am Ende des Projektes zeigt:
- Die Seite ist nicht suchmaschinenoptimiert – weder die einzelnen Texte noch technisch mit Bezug auf die URL-Struktur.
- Die Texte sind nicht an das Leseverhalten der Internet-User
- Die User-Ansprache ist nicht einheitlich und rangiert in den verschiedenen Texten von förmlich bis kumpelhaft.
- Wir wissen nicht, wer eigentlich unsere Leser sind – und das merkt man.
- Die allgemeine Richtung ist unklar – was wollen wir aussagen und wie verstehen wir uns selbst?
- Wir spielen unseren Content zwar auf Social Media aus, doch die Sprache, mit der wir die Nutzer dort adressieren, ist uneinheitlich und trifft teilweise nicht den zum Netzwerk passenden Ton.
FAZIT: Am Ende unseres Projektes sind der Blog und die Social-Media-Kanäle voll mit spannendem Content. Trotzdem – das merkt auch Akademie-Direktorin Nadja Stavenhagen an – wirkt das ganze Ding einfach nicht „rund“.
Lassen Sie nicht zu, dass es Ihnen wie uns armen Volos ergeht! Investieren Sie stattdessen in eine gut-durchdachte Content Strategie – entweder bevor Sie überhaupt Inhalte produzieren oder nach einem ausführlichen qualitativen und quantitativen Audit Ihres bereits bestehenden Contents. Denn die Content Strategie ist Ihr Masterplan – die konzeptionelle Basis, in der Sie Ihre Unternehmensbotschaft, Ihre Ziele und Inhalte festlegen und Ihre Zielgruppe definieren.
Vom Abstrakten zum Konkreten
Auf dieser Grundlage entwickeln Sie gemeinsam mit einem Content-Profi wie IDM einen Style Guide – ein Arbeitsbuch mit konkreten Beispielen und Formulierungshilfen. Denn nur, wenn alle an der Content-Produktion Beteiligten nach einheitlichen Regeln und Kriterien arbeiten,
- erzeugen Sie mit Ihren Inhalten ein stimmiges Gesamtbild auf allen Kanälen, kommunizieren Sie immer nach dem zuvor festgelegten Tone-of-Voice,
- schreiben Sie zielgruppenrelevant und erreichen die Menschen, die Sie mit Ihren Inhalten erreichen möchten,
- bieten Sie Ihren Usern einen Mehrwert und
- verbessern Ihr Image, stärken Ihre Markenbekanntheit und binden Kunden langfristig an Ihr Unternehmen.
Fazit: Nie wieder ohne!
Bin ich nun also unzufrieden mit unserem Projekt? Auf keinen Fall. Schließlich habe ich mit tollen Menschen zusammengearbeitet, jede Menge Neues gelernt und hatte nebenbei noch eine unvergessliche Zeit in Hamburg. Und seien wir mal ehrlich: Schön anzusehen ist unser Volo-Blog-Projekt so oder so – auch ohne Strategie.
Bildquelle: Kaboompics.com